Mittwoch, 26. März 2014

3. Etappe - Geburtstag in Südafrika




Nach einer erholsamen Nacht geht es heute Morgen auf die längste Etappe. Es stehen uns 134 Kilometer und knapp 2000 Höhenmeter in vergleichsweise einfachem Gelände bevor. Der angekündigte Regen über Nacht ist ausgeblieben. Es sollte also ein Kinderspiel werden – jedenfalls im Vergleich zu gestern.
Wir starten heute sehr verhalten und reihen uns nach dem ersten Flachstück irgendwo jenseits der ersten 100 Teams ein. Es ist lange her, dass ich so in ein Rennen gestartet bin. Wenn die Jungs hier hinten in den Ebenen genauso drücken würden wie bergauf, dann hätten einige Leute weiter vorne nichts mehr zu lachen. Tun sie aber eben nicht.
Nach der Startphase folgen viele hügelige Kilometer auf ungewohnt breiten Schotterwegen. Dadurch kann ich Immanuel bergab und in der Ebene wunderbar in den Windschatten nehmen und bergauf schieben. Auf diese Weise sprengen wir Gruppe um Gruppe. Meinem Bruder scheint es heute gut zu gehen. Die Betonung liegt auf scheint, wie wir bald merken werden. Zwischen der zweiten und der dritten Verpflegung sind wir ca. bis auf Platz 30 vorgefahren. Ungefähr 30 Kilometer vor dem Schluss kommt bei Immanuel aus heiterem Himmel der Mann mit dem Hammer. Jetzt geht es andersrum. Alle die wir vorher überholt haben, überholen uns wieder.
So langsam kriege ich ein schlechtes Gewissen. Der vierte Tag und bei Immanuel gehen zum vierten Mal die Lichter aus. Böse Zungen werden sagen, dass ich meinen jüngeren Bruder hier kaputt fahre. Das will ich natürlich nicht. Das Problem ist, dass es mir unglaublich schwer fällt einzuschätzen, was für Immanuel das richtige Tempo ist. Es ist der typische Effekt von Etappenrennen im Team. Wenn einer von beiden am ersten Tag nur etwas stärker ist, ist er am nächsten Tag besser erholt. So wird der Leistungsunterschied zwischen den Teampartnern von Tag zu Tag größer (Ausnahmen bestätigen die Regel; erfahrungsgemäß ist dabei aber auch oft ein guter Apotheker im Spiel …). Das zu vermeiden ist die große Kunst. Im Grunde geht es nur, wenn genügend Möglichkeiten zum Windschatten fahren und zum Schieben vorhanden sind. So wie heute. Jetzt ist es allerdings zu spät dafür. Morgen müssen wir es noch langsamer angehen. Wir werden das richtige Tempo schon noch finden. Aber es ist ganz offensichtlich ein langwieriger Lernprozess.


An der letzten Verpflegung halten wir etwas länger an um zu Essen. Unglaublich, es gibt hier Toast mit Marmite. Ich zähle zu dem einen Prozent Deutschen, die das Zeug mögen. Die letzte Verpflegung ist daher ein kleines Highlight für mich. Vor dem letzten Berg überrede ich Immanuel noch einmal zu einer Pause. Danach geht es bei ihm wieder etwas besser und wir kommen noch bis ins Ziel.
Die Platzierung? Keine Ahnung; sicher irgendwas um die 100 oder darüber. Das Internet hier ist so schlecht, dass ich froh bin, wenn ich den Blog-Text durch die Leitung bekomme. Die einzige Chance dazu ist meistens abends. Dann schlafen viele schon und der Traffic ist entsprechend gering. Irgendwo hängen sicher auch Ergebnisse. Aber ich sitze gerade so gut hier … und so wichtig ist unsere Platzierung dann doch nicht. Das Hauptziel heißt am Sonntag in Lourensford anzukommen.
Die morgige Etappe? Auch keine Ahnung. Der Plan liegt im Zelt. Aber ich sitze gerade so gut hier … und so wichtig ist es auch nicht. Wenn wir in Lourensford ankommen wollen, müssen wir so oder so die Distanz bewältigen.
Die kommende Nacht? Der Veranstalter hat mir ein Kärtchen in den Startbeutel getan. Ich darf heute eine Flasche Wein am Rennbüro abholen. Aber ich glaube, wir schlafen auch so ganz gut ein. Wobei - diese Nacht könnte uns der Wind einen Strich durch die Rechnung machen. Die Zelte biegen sich schon bedrohlich im Wind und gerade eben kamen ein paar Matrazen vor meiner Nase vorbeigeflogen …


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